10/01/2025 0 Kommentare
Empathische Hirnies - Epiphaniasempfang 2025
Empathische Hirnies - Epiphaniasempfang 2025
# Wie war's

Empathische Hirnies - Epiphaniasempfang 2025
Empathische Hirnies - Epiphaniasempfang 2025
In meiner Jugendzeit gab es den Schimpf: "Du Hirnie", wenn Leute etwas entschieden oder getan hatten, das du selbst falsch und blöde fandest. Keine angemessene Ausdrucksweise, aber ich wurde daran erinnert beim diesjährigen Epiphaniasempfang. Als Vortragsredner konnte Neurobiologe Professor Martin Korte gewonnen werden, der über das Thema sprach, wie Menschen Entscheidungen treffen und wie Empathie (Einfühlungsvermögen) entsteht.
Es lässt sich heute mit bildgebenden Verfahren zeigen, welche Hirnareale elektrisch aktiv sind: wo Wahrnehmung lokalisiert ist, wo Konflikte zwischen Werten, die ein Mensch hat, sichtbar werden, wo Muskeln gesteuert werden oder Gefühle sichtbar werden.
Professor Korte machte an drastischen Dilemmasituationen die Frage deutlich, wie Entscheidungen getroffen werden. Es ging dabei darum, ob ich zulasse, dass ein Mensch zu Tode kommt, um viele eben zu retten, oder ob ich aktiv einen Menschen zu Tode bringe, um viele zu retten. Rechnerisch stehen jeweils einem Opfer viele Gerettete gegenüber. Dennoch fällt mehrheitlich im ersten Fall die Entscheidung anders aus als im Zweiten.
Wenn nämlich notwendig wird, einen Menschen anzufassen, um ihn oder sie zu Tode zu bringen, um das Dilemma zu lösen, dann spielt eine bedeutsame Rolle, dass wir Empathiefähigkeit besitzen. Im menschlichen Hirn gibt es Spiegelneuronen, die im Kontakt mit Menschen auf deren Gesicht, Schreie, Angst und so weiter so reagieren, dass wir selbst uns einfühlen können, wie es ihnen ergeht oder erginge. Diese Empathiefähigkeit unseres Gehirns macht uns in besonderer Weise zu Menschen und zur Humanität fähig. Sie stammt aus der Evolution und der Anforderung, dass Menschen nur miteinander überleben konnten und deswegen Verständnis und Vertrauen zueinander entwickeln müssen. Genau das gibt in den oben genannten Dilemmasituationen den Ausschlag für die verschiedenen Entscheidungen, obwohl das Rechenergebnis gleich wäre. Wir sind nicht Maschinen und keine Wesen, die bloß nach einem berechenbaren Wert handeln.
Einfühlung bedeutet, den anderen Menschen in einem sehr intensiven Sinne "lesen" und verstehen zu können. Als gelte der Satz: Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du, wie sich das alttestamentliche Gebot auch übersetzen lässt.
Im Vortrag wurde auch deutlich, dass wir natürlich "Hirnies" sind, dass immer Gehirnaktivität beteiligt ud nötig ist, um zu entscheiden und zu handeln. Obwohl nachweisbar oft schon Impulse an Muskeln gemessen werden können, bevor uns eine Entscheidung dazu ins Bewusstsein kommt, bedeutet das keine Unfreiheit. Denn obwohl nur Millisekunden dazwischen liegen, so Professor Korte, bleibt immer genug Millisekunde Zeit, einen Impuls auch zu unterlassen. Wir unterliegen also nicht einer unsteuerbaren Automatik. Das ermöglicht Verantwortlichkeit, das erlaubt auch, einem Menschen eine Tat zuzurechnen, wenn nicht mildernde Umstände aufgezeigt werden können, dass keine Steuerungsfähigkeit gegeben war.
Nähe bedeutet mehr Empathie, Ferne und abstrakte Zusammenhänge führen schnell dazu, dass ich die Opfer meines möglichen Tuns oder Unterlassens nicht sehe, spüre, erlebe und deswegen auch Einfühlung nicht beteiligt ist. Wir sind also "empathische oder empathiefähige Hirnies" dachte ich zum Ende hin.
Es war ein sehr anregender Festvortrag, über den die große Besucher:innenzahl noch lebhaft weiter bei Imbiss und Getränken im Anschluss weiter sprach. KIrchenvorstandsvorsitzede Monika Rinne dankte unserem Redner und auch Pfarrerin Christine Böhm und dem Unisonochor unter der Leitung von Christine Medizadeh, die die Anfacht zu Beginn des Empfangs zum Thema Segen am Dreikönigstag gestaltet hatten.
Dietmar Schmidt-Pultke
Kommentare